Interview mit Isabelle Falque-Pierrotin (ANJ): Die Zukunft des Online-Glücksspiels in Frankreich

Please find the english version below

Frankreich gehört zu den zentralen europäischen Märkten für reguliertes Glücksspiel. Die Präsidentin der französischen Glücksspielbehörde Autorité Nationale des Jeux (ANJ), Isabelle Falque-Pierrotin, spricht über die Entwicklung des illegalen Online-Glücksspielmarktes, die Debatte um eine mögliche Legalisierung von Online-Casinos und die Anforderungen an einen starken Spielerschutz.

Glücksspiel international: Isabelle Falque-Pierrotin (ANJ) im exklusiven Interview

1. Frau Falque-Pierrotin, vielen Dank für Ihre Zeit. Wie bewertet die ANJ den starken Anstieg illegaler Online-Casino-Angebote in Frankreich?

Isabelle Falque-Pierrotin: "Der illegale Markt hat sich in Frankreich dauerhaft etabliert und wächst parallel zum regulierten Markt. Rund drei Millionen Menschen nutzen regelmäßig nicht lizenzierte Online-Casinos. Die ANJ reagiert darauf mit einem erweiterten Maßnahmenpaket. Seit 2023 kann die Behörde illegale Webseiten ohne Gerichtsbeschluss sperren. Zusätzlich arbeitet sie eng mit sozialen Medien, technischen Dienstleistern und Hosting-Anbietern zusammen, um Accounts illegaler Anbieter zu löschen. Auch finanzielle Blockaden werden intensiviert, um ein effektives Regulierungsökosystem zu schaffen."

2. Wird in Frankreich über eine mögliche Legalisierung von Online-Casinos diskutiert?

Isabelle Falque-Pierrotin: "Die Diskussion über eine Öffnung des Online-Casino-Markts kehrt regelmäßig zurück, bleibt jedoch komplex. Frankreich verfügt über mehr als 200 landbasierte Casinos, die wirtschaftlich und kulturell wichtig sind. Eine zusätzliche Online-Regulierung könnte dieses System beeinflussen. Da Online-Casinospiele ein hohes Suchtpotenzial besitzen, müssen mögliche Auswirkungen auf öffentliche Gesundheit und Wirtschaft sorgfältig bewertet werden. Der internationale Vergleich zeigt zudem, dass regulierte Märkte illegale Angebote nicht vollständig verdrängen."

3. Welche Voraussetzungen wären nötig, um Online-Casinos sicher zu regulieren?

Isabelle Falque-Pierrotin: "Eine mögliche Marktöffnung erfordert strikte Schutzmechanismen. Dazu zählen Einsatz- und Einzahlungslimits, wirksame Selbstsperrsysteme und ein umfassendes Monitoring gefährdeter Spielerinnen und Spieler. Zusätzlich wären präzise Werbebeschränkungen und regulierte Spieldesigns notwendig, um riskante Spielfunktionen und falsche Gewinnvorstellungen zu reduzieren."

4. Welche internationalen Modelle könnten für Frankreich als Vorbild dienen?

Isabelle Falque-Pierrotin: "Die ANJ analysiert insbesondere Staaten, die Maßnahmen zur Reduzierung intensiver Spielfunktionen eingeführt haben. Diese Modelle liefern wichtige Orientierungspunkte, auch wenn sie nicht vollständig übertragbar sind. Der internationale Überblick zeigt zudem, dass illegale Angebote weiterhin bestehen und sich ihre Größe je nach Land unterscheidet."

5. Wie effektiv ist das französische System zur Sperrung illegaler Glücksspielseiten?

Isabelle Falque-Pierrotin: "Die ANJ setzt konsequent auf administrative Sperrungen. Im Jahr 2024 wurden 1.337 URLs blockiert, darunter große Plattformen wie Cresus Casino und Polymarket. Diese Zahl entspricht rund zehn Jahren gerichtlicher Maßnahmen in früheren Zeiten. Da kontinuierlich neue Spiegelseiten entstehen, verbindet die ANJ Websperren mit Maßnahmen gegen Zahlungsanbieter, Finanzströme, Suchmaschinen und soziale Netzwerke, um nachhaltig gegen illegale Angebote vorzugehen."

6. Wie kann Frankreich die Attraktivität legaler Glücksspielangebote stärken?

Isabelle Falque-Pierrotin: "Das legale Glücksspiel ist streng reguliert, bleibt jedoch attraktiv. Es bietet hohe Sicherheitsstandards, transparente Regeln und verlässlichen Spielerschutz. Im Jahr 2024 erreichte der Bruttospielertrag 14 Milliarden Euro, ein Anstieg um fünf Prozent. Der Online-Markt wuchs um zwölf Prozent und umfasst 5,7 Millionen aktive Spielerkonten. Entscheidend bleibt, das Gleichgewicht zwischen Attraktivität und Schutzmaßnahmen zu bewahren."

7. Welche Entwicklung erwartet die ANJ für den französischen Glücksspielmarkt?

Isabelle Falque-Pierrotin: "Der Markt bleibt dynamisch und zieht neue internationale Anbieter an. Gleichzeitig kommt es zu bedeutenden Zusammenschlüssen, darunter der Kauf von Kindred durch die FDJ. Diese Entwicklungen schaffen Chancen, erhöhen jedoch auch den Wettbewerbsdruck. Gleichzeitig verändern Innovation und neue Technologien den Markt und erfordern regelmäßige Anpassungen der Regulierungsmechanismen."

Frau Falque-Pierrotin, vielen Dank für Ihre Zeit, die Beantwortung unserer Fragen und den Einblick in die Arbeit der französischen Glücksspielregulierung.

English Version

France is one of the key European markets for regulated gambling. Isabelle Falque-Pierrotin, President of the French gambling authority Autorité Nationale des Jeux (ANJ), talks about the development of the illegal online gambling market, the debate surrounding the possible legalisation of online casinos and the requirements for strong player protection.

1. How does the ANJ assess the sharp rise in illegal online casino offerings in France?

Isabelle Falque-Pierrotin: "The illegal market has become firmly established in France and is growing in parallel with the regulated market. Around three million people regularly use unlicensed online casinos. The ANJ is responding to this with an expanded package of measures. Since 2023, the authority has been able to block illegal websites without a court order. In addition, it works closely with social media, technical service providers and hosting providers to delete the accounts of illegal providers. Financial blockades are also being intensified to create an effective regulatory ecosystem."

2. Is there any discussion in France about the possible legalisation of online casinos?

Isabelle Falque-Pierrotin: "The debate about opening up the online casino market returns regularly, but remains complex. France has more than 200 land-based casinos, which are economically and culturally important. Additional online regulation could affect this system. As online casino games have a high potential for addiction, the possible effects on public health and the economy must be carefully assessed. International comparisons also show that regulated markets do not completely eliminate illegal offerings."

3. What conditions would be necessary to regulate online casinos safely?

Isabelle Falque-Pierrotin: "A possible market opening requires strict protective mechanisms. These include betting and deposit limits, effective self-exclusion systems and comprehensive monitoring of vulnerable players. In addition, precise advertising restrictions and regulated game designs would be necessary to reduce risky game features and false expectations of winnings."

4. Which international models could serve as examples for France?

Isabelle Falque-Pierrotin: "The ANJ analyses in particular countries that have introduced measures to reduce intensive gambling functions. These models provide important points of reference, even if they are not fully transferable. The international overview also shows that illegal offerings continue to exist and vary in size depending on the country."

5. How effective is the French system for blocking illegal gambling sites?

Isabelle Falque-Pierrotin: "The ANJ consistently relies on administrative blocking. In 2024, 1,337 URLs were blocked, including major platforms such as Cresus Casino and Polymarket. This figure corresponds to around ten years of legal action in the past. As new mirror sites are constantly being created, the ANJ combines web blocking with measures against payment providers, financial flows, search engines and social networks in order to take sustainable action against illegal offerings."

6. How can France make legal gambling offerings more attractive?

Isabelle Falque-Pierrotin: "Legal gambling is strictly regulated, but remains attractive. It offers high security standards, transparent rules and reliable player protection. In 2024, gross gaming revenue reached €14 billion, an increase of five per cent. The online market grew by twelve per cent and comprises 5.7 million active player accounts. It remains crucial to maintain the balance between attractiveness and protective measures."

7. What developments does ANJ expect for the French gambling market?

Isabelle Falque-Pierrotin: "The market remains dynamic and is attracting new international providers. At the same time, there are significant mergers, including the purchase of Kindred by FDJ. These developments create opportunities, but also increase competitive pressure. At the same time, innovation and new technologies are changing the market and require regular adjustments to regulatory mechanisms."

Ms Falque-Pierrotin, thank you very much for your time, for answering our questions and for giving us an insight into the work of French gambling regulation.